Manchmal überkommt mich der Wunsch, etwas verändern zu wollen in meiner Wohnumgebung. Also nicht, den einen Stuhl von A nach B zu verschieben oder ein Bild umzuhängen. Nein, es muss dann etwas Großes sein, das die Veränderung ausmacht. Dieses Mal war es ein Bücherregal, das unbedingt her musste. Es gab ja zuvor schon Platz für Bücher, im Rücken des Kameramannes zum Beispiel. Doch etwas drängte in mir und ließ mich suchen auf den Bilderseiten der Möbelhersteller. Heute kam das Regal, links im Bild. Ich musste es zusammenbauen und habe nun den vierundvierzigsten Imbusschlüssel in meiner Schublade. Ein Billy durfte es nicht sein, Kerstin hätte mich verlassen, wenn ich es gewagt hätte.
Dieser fette Klotz gefällt ihr zwar auch nicht, aber sie wurde vor vollendete Tatsachen gestellt. Wer baut denn ein Regal wieder ab, um es auf die Spedition zu geben? Ich nicht. Was mich am meisten freut bei der ganzen Aktion, ist, dass ich meine Bücher in die Hand nehmen musste und neu anordnen. Die Frage beim Sortieren von Büchern ist für mich, nach welchen Kriterien dies geschehen sollte. Autoren von A-Z? Aber wer merkt sich schon Autorennamen? Nach Themen wie Gesellschaft, Spiritualität, Kommunikation oder Pädagogik? Da gibt es so viele Überschneidungen. Gehört „Die große Gereiztheit“ von Pörksen zu „Die Jahre der wahren Empfindung“ von Helmut Böttiger? Wozu passt „Die Erfindung der Roten Armee Fraktion durch einen manisch-depressiven Teenager im Sommer 1969“?
Die letzten beiden habe ich mit großer Lust gelesen. Sie beziehen sich u. a. auf die siebziger Jahre des vergangenen Jahrhunderts. Da war auch ich ein Teenager und ich las mich schon damals durch die Texte, die offensichtlich die „wahre Empfindung“ repräsentierten. Was die Veränderungen innerhalb der Wohnung betrifft, so vermute ich, etwas bei meiner Mutter abgeschaut zu haben. Manchmal, wenn ich aus der Schule nach Hause kam und nach ihr suchte, da fand ich sie zwischen Wand und Schrank. Sie drückte den Schrank mit aller Kraft von der Wand weg, hin zu einem Stellplatz, der ihr besser geeignet schien. Auch hier, kein Stuhl von A nach Z, kein Bild. Es musste etwas Großes sein.