Deckname Valentin

Ich wollte schon lange mal zu dieser Gedenkstätte. Als ich zu Beginn meiner Zeit in Bremen davon erfuhr, da machte es mich neugierig. Es gibt ja Zeitzeugnisse, die wird man so einfach nicht los. Ähnlich wie mit den Hochbunkern in Bremen ist es auch mit diesem Koloss in Bremen-Farge. Eine Bunkerruine namens Valentin. In den Jahren 1943 bis 1945 wurde dieser Bunker zum Schutz der Produktion von U-Booten gebaut. Die tapferen deutschen Männer waren an der Front, also wurden zehn- bis zwölftausend Zwangsarbeiter und KZ-Häftlinge eingesetzt. Eintausend bis zweitausend von ihnen starben. Wie viele genau, das weiß man nicht, denn die Opfer wurden nicht namentlich erfasst. Sie starben am Hunger, an Misshandlungen, Arbeitsunfällen, Krankheiten und völliger Erschöpfung. Die Leitung der Kriegsmarine war der festen Überzeugung, dass mit den produzierten U-Booten der Krieg gewonnen werden kann. Man rechnete nach der Fertigstellung mit täglich einem U-Boot, das hier montiert werden sollte. Daraus wurde nichts.

Die Fläche des Bunkers umfasst 5 Fußballfelder, sein Volumen entspricht dem von 90 Schulturnhallen. Schwer vorstellbar und umso beeindruckender, wenn man davorsteht. Eigentlich bedrückend. Wir waren heute dort und haben uns umgesehen. Die wuchtigen Betonmauern vor Augen liefen wir eineinhalb Stunden um das Gebäude herum und hindurch. Der bewölkte Himmel unterstützte noch den Eindruck von Schwere und Düsternis. Am Wegrand war auf einzelnen Hinweisschildern zu lesen, was die Überlebenden zu berichten hatten. Einer spricht von den schweren Zementsäcken, die er eine Treppe hinauf tragen musste, zehn Stunden täglich. Am Ende wogen sie mehr als er selbst. Zu Essen gab es morgens Getreidekaffee, mittags dünne Gemüsesuppe, abends oft schimmliges Schwarzbrot, dünn bestrichen mit Margarine. Für mich ist es unvorstellbar, wie eine solche Tortur überlebt werden kann. Auch war zu lesen, dass die Herren Ingenieure noch nach dem Krieg der Meinung waren, dies Gebäude sei ein Meisterwerk der Ingenieurskunst. Welche Leiden die Zwangsarbeiter über sich ergehen lassen mussten, war ihnen egal. Sie hatten auch nach Kriegsende noch ihr Auskommen beim Bau von Hafenanlagen und Marinestützpunkten.

Die Zwangsarbeiter mussten, wenn sie überlebten, um Unterstützung betteln gehen. Ihr Leiden wurde erst sehr spät oder garnicht anerkannt. Ganz besonders nicht, wenn sie aus Osteuropa oder der Sowjetunion kamen. Man hatte sich ja für die Abwehr der roten Gefahr auch nach der Niederlage entschieden. Auch heute wird wieder behauptet, die Gefahr käme aus dem Osten. Dort, wo die deutsche Großmannssucht für 27 Millionen Menschen den Tod brachte. Der U-Boot Bunker Valentin wurde noch vor seiner endgültigen Fertigstellung am 27 März 1945 von Einheiten der Royal Air Force zerstört. Nach dem Krieg diente der Betonklotz der selben Kampftruppe für ihre Bombenabwürfe, doch er steht noch immer. Später übernahm ihn die Bundeswehr. Erst im Jahr 2015 entstand der „Denkort Bunker Valentin“. Er erinnert an jene Zeit, für die ein „Nie wieder Krieg!“ ausgesprochen wurde, wovon heute jedoch nur noch wenige Menschen etwas wissen wollen.

Blick ins Innere, im Dach sind die Bombeneinschläge zu sehen.
Das Schleusentor zur Weser, es kam nie zum Einsatz.
Mahnmal „Vernichtung durch Arbeit“ vor dem Bunker.

Mehr Informationen und Bilder zum Mahnmal gibt es hier und hier.