Wenn ich über die Wilhelm Kaisen Brücke laufe, benannt nach einem ehemaligen Bürgermeister Bremens, dann sehe ich dieses Schiff. Da die Weser unterschiedliche Pegelstände aufweist wegen Ebbe und Flut, liegt das Schiff mal höher mal tiefer, gemessen an der Uferpromenade. Das Theaterschiff bietet laut eigenen Angaben „unvergessliche Unterhaltung“ in den Bereichen Show und Comedy. Da wundert es nicht, wenn das Schiff ein Plakat ziert mit der Aufschrift „Hier lacht Bremen“. Mich macht diese Aussage jedes Mal aufs Neue stutzig. Kann es sein, so denke ich mir, dass die Bremer zum Lachen auf ein Schiff gehen?
Als wir noch am Bodensee wohnten, kamen meine Schwiegereltern aus Nordrhein-Westfalen oft zu Besuch. Sie mieteten sich in einer Ferienwohnung ein und gestalteten von dort aus ihren Aufenthalt. So konnten sie sowohl ihre Enkelkinder besuchen als auch eigene Unternehmungen auf und um den See durchführen. In einer der Ferienwohnungen wohnten die Vermieter im selben Haus. Es war kaum zu vermeiden, dass die Feriengäste der Vermieterin begegneten. Auch deshalb nicht, weil diese sehr kontaktfreudig war und fast täglich etwas aus ihrem Garten mitbrachte, um es den Schwiegereltern zu schenken. Dabei erzählte sie von den neuesten Vorkommnissen in Gemeinde und Umland. Allerdings sprach sie einen Dialekt, den die Schwiegereltern nur schwer verstanden. Sie bemühten sich, an den richtigen Stellen zuzustimmen und das passende Gesicht zu machen. Ansonsten versuchten sie, diesen Situationen möglichst aus dem Weg zu gehen.
Vielleicht waren es diese Erfahrungen, die meinen Schwiegervater zu der Behauptung verleiteten, bei uns in Baden gingen die Menschen zum Lachen in den Keller. Daran musste ich denken, als ich lesen durfte, dass in Bremen die Menschen zum Lachen auf ein Schiff gehen. Und ich finde es noch immer erstaunlich, wo überall das Lachen ausgeübt wird. Im Keller, auf dem Schiff und womöglich in anderen Regionen in ganz anderen abgetrennten Räumen und Fahrzeugen. Ich muss gleich Lachen, sagen die Leute dann und beeilen sich, in den Keller oder, wie hier in Bremen, auf ein Schiff zu gelangen. Wohin gehen diese Menschen, wenn sie weinen müssen? Vielleicht in die Kirche? Oder es gibt separate Kellerräume für das Weinen? Das „ich bin dann mal weg“, kann bedeuten, ich bin im Keller zum Lachen oder zum Weinen, je nach dem.
Mir wäre dies alles zu anstrengend. Da lache und weine ich lieber dort, wo ich steh‘ und geh‘. Es lässt sich ja auch nicht verhindern, da es einfach über mich kommt. Am liebsten lache ich natürlich mit anderen gemeinsam. Und ich freue mich jedes Mal, wenn es mir gelingt, diese anderen zum Lachen zu bringen. Ohne Comedy-Programm und Vorsatz passiert mir dies oft spontan und ich fühle mich den anderen ganz besonders verbunden, wenn wir gemeinsam lachen. Als ich noch in Baden-Württemberg zuhause war, da wurde mir sehr früh schon mitgeteilt, welchen Unterschied es macht, ob ich in Baden oder Württemberg wohne. Die Schwaben in Württemberg wollen nur schaffen und raffen. Sie sorgen sich um die guten Plätze im Himmel und sind überzeugt, dass sie nur durch Entsagung und schwere Arbeit ihren Platz dort oben verdienen.
Nicht umsonst wird von der schwäbischen Hausfrau gesprochen und geschrieben, die mit spitzem Bleistift ihre Ein- und Ausgaben auflistet. Die auch mit Argusaugen darauf achtet, dass die Putzwoche eingehalten wird. Ganz im Gegenteil hierzu lässt der Badener mal fünfe gerade sein, trinkt seinen badischen Roten und erfreut sich an den vielen Sonnentagen, die dem badischen Ländle in Übermaß zuteil werden. Und aus einer badischen Gewitztheit heraus ist dann wohl der Spruch entstanden „Über Baden lacht die Sonne, über Schwaben die ganze Welt!“. Ich brauche keinen separaten Ort zum Lachen. Und ich lache viel lieber mit anderen als über sie. Am liebsten lache ich dabei über mich selbst.