Unsere Wohnung befindet sich in einem Alt-Bremer Haus. Daher gibt es ein Souterrain und ein Hochparterre. Wo andere Menschen geradewegs in ihre Wohnung laufen, müssen sie hier fünf Treppenstufen erklimmen bis zur Haustür. Diese liegt oberhalb des Straßenniveaus, was ihr den Namen Hochparterre verschafft. Innerhalb unserer Wohnung gibt es eine Treppe, die uns in den tiefer gelegenen Bereich, das Souterrain, gelangen lässt. Dort befindet sich unser Badezimmer, das Schlafzimmer und ein Arbeitszimmer. Vom Schlafzimmer aus gelangen wir auch in den Garten hinter unserem Wohnhaus.
Als ich eben die Treppe hinunter ging, schaltete sich die Beleuchtung ein. Ein Bewegungsmelder in der Lampe hatte meine Bewegungen auf der Treppe erkannt und getan, was ihm einprogrammiert wurde. In letzter Zeit habe ich den Eindruck, dass ich weit mehr Stufen nach unten laufen muss bis der Bewegungsmelder reagiert. Ich machte die zwei Trolleys dafür verantwortlich, die sich auf dem Schrank unterhalb der Lampe befinden. Bestimmt liegen diese dem Bewegungsmelder im Weg, denke ich. Früher lag der dickere Trolley rechts, der dünnere links. Nachdem sich dieser Gedanke festgesetzt hatte in meinem Kopf, konnte ich nicht anders und musste die beiden ungleich dicken Trolleys vertauschen. Nun liegt der dünnere unter der Lampe, der dickere rechts daneben. Beim Hochgehen fiel mir auf, dass ich garnicht überprüft hatte, ob meine These stimmt. Sie könnte stimmig sein, wenn sich durch das Verschieben der beiden Gepäckstücke etwas geändert hatte.
In diesem Moment musste ich an Seppi denken. Eigentlich hieß er Josef und war in meiner Jugendzeit ein Freund des Hauses. Irgendwie kam er in die Familie, war anfangs ein Freund der Schwester oder wäre es gerne geworden. Als daraus nichts wurde, besuchte er dennoch den Rest der Familie und war dadurch irgendwie immer da. Seppi machte eine Ausbildung zum Elektriker. Er konnte daher sehr gut helfen, wenn bei uns eine Lampe ihren Geist aufgab. Einmal zeigte er mir, wie sich mit Hilfe einer Lüsterklemme zwei Drähte miteinander verbinden ließen. Er entfernte die Isolation an beiden Enden der Leitungen, lockerte die kleinen Schrauben der Lüsterklemme, steckte die Drähte rechts und links in die dafür vorgesehenen Öffnungen und drehte die Schrauben wieder fest. Was dann passierte ließ mich erschrecken. Der Vorgang prägte sich so sehr ein, dass ich ihn über fünfzig Jahre später in einem Alt-Bremer Haus wieder erinnere.
Er nahm beide Drähte dicht an der Lüsterklemme in seine Hände, jeweils links und rechts, und versuchte sie so fest er konnte aus der Lüsterklemme zu ziehen. Eben noch hatte er die beiden Drähte sorgfältig miteinander verbunden und jetzt wollte er sie wieder mit aller Kraft auseinanderreißen? Damals erschien mir dieses Verhalten sehr wiedersinnig, gar unvernünftig. Kurz darauf, als ich sah, dass die beiden Drähte nicht zu bewegen waren, musste ich erkennen, dass es sich nicht um einen unüberlegten aggressiven Akt eines noch jungen Elektrikers handelte. Er wollte prüfen, ob sein Tun den Erfolg hatte, den er sich wünschte. Die Drähte saßen fest. Nun werde ich die Treppe runter gehen und genau beobachten, ob das Licht schon anspringt, wenn ich die zweite Treppenstufe betrete. So war es nämlich früher, wenn ich mich recht erinnere. Springt das Licht an, dann hat meine Aktion den Lüsterklemmentest bestanden. Wenn nicht, muss ich mir was Neues einfallen lassen.
Abbildung: Simon A. Eugster – Eigenes Werk, CC BY-SA 3.0