Unsere Stadtbibliothek ist in einem geschichtsträchtigen Gebäude untergebracht. Früher war dort der innerstädtische Polizeiposten, während der Nazizeit die Gestapo. Kurz nach Kriegsende flog darin ein Munitionsdepot in die Luft, was den dicken Außenwänden jedoch nicht schadete. Heute, nach der Entkernung des alten Gemäuers befindet sich hier die Bremer Zentralbibliothek. Im überdachten Innenhof gibt es unterschiedliche Bistros mit allerlei Leckereien. Dort fand ich auf einer Tafel im Eingangsbereich den Hinweis auf Milchreis.
Wenn es ein typisches Essen meiner Kindheit gibt, das mir noch heute in guter Erinnerung ist, dann diese Milchspeise. In Milch aufgequollener Rundkornreis mit Apfelmus oder Früchten. Und natürlich dürfen Zimt und Zucker nicht fehlen. Heute weiß ich, wie vorsichtig die Zubereitung vonstatten gehen muss, um nichts anbrennen zu lassen. Manche Köche und Köchinnen setzen Milch und Reiskörner nach dem Verrühren in einen vorgewärmten Backofen. Nach einer guten Stunde ist alles soweit gar und kann serviert werden. Ich mühe mich am Herd stehend mit Umrühren, damit der Reis nicht verkocht oder gar am Boden des Topfes anbrennt.
Es soll Menschen geben, die diese Art von gekochtem Reis nicht mögen oder gar verachten. Schleimige, breiartige Gerichte sind ihnen von Kindheit an ein Graus. Das kann ich von mir nicht sagen. Schon während meiner Studienzeit in Freiburg war mir jeder Freitag ein Festtag. In der Uni-Mensa gab es dann Milchreis. Dieser wurde aus einem überdimensionalen, fassartigen Behälter, in dem das leckere Hauptgericht vor sich hin blubberte, auf Teller geschöpft, hingehalten von hungrigen Studenten, die es kaum erwarten konnten. Wie auch von mir. Hier in Bremen weiß ich nun, wo ich mir diese Erinnerungen wieder schlemmend zurückrufen kann. Dazu brauche ich nur in die Stadtbibliothek laufen, die nicht weit ist.