Aus einer Laune heraus bestellte ich ein Handy für meinen Schwiegervater (84 J.). Es sei besonders gut geeignet für ältere Menschen, hieß es auf der Firmenwebsite. Die Oberfläche ist einfach gehalten, mit wenigen Icons für Senden, Anrufen, Kamera und Fotogalerie. Was alte Menschen anscheinend so machen. Ich weiß von meinem Schwiegervater, dass er sich gerne mit elektronischen Geräten auseinandersetzt. Er studiert die Bedienungsanweisungen und probiert alles aus, was das Laptop, das Tablet oder das Handy zu bieten haben. Ein Smartphone hatte er bislang nicht und er freute sich sehr über das Gerät.
Was mich da angetrieben hatte, weiß ich nicht. Vielleicht war es die Funktion einer Taste auf der Rückseite des Gerätes? Diese dient dazu, eine Person des Vertrauens anzurufen oder den Pflegedienst, je nachdem, welche Kontaktdaten hinterlegt wurden. Ein längerer Druck auf die Taste reicht aus und schon wird die Verbindung aufgebaut. Zusätzlich ist TeamViewer standardmäßig installiert. Eine Person kann darüber aus der Ferne eine Wartung des Gerätes übernehmen. Wenn also irgendetwas nicht mehr funktioniert, eine neue App installiert werden soll oder ein Update durchgeführt werden muss, kann dies angeblich ohne Mühe durchgeführt werden. So meine Information. Ist doch toll, sagte ich zu Kerstin, da kann er sich dann melden, wenn er mit seinem Elektromobil nicht mehr weiterkommt.
Ach, meinte sie, erzählst du ihm dann am neuen Telefon, wie er es nachhause schieben soll? Oder erklärst du ihm am Telefon, wie er wieder auf die Beine kommt, wenn er gestürzt ist? Dafür sind die Notrufarmbänder besser geeignet. Diese stellen den Kontakt her zum lokalen Notdienst. Der kann dann über die Lautsprechfunktion des Festnetztelefons mit dem Schwiegervater sprechen und Hilfe einleiten. Das Seniorenhandy hilft da nicht weiter. Kleinlaut stimmte ich ihr zu und blieb dennoch dabei. Der Schwiegervater hatte sich gefreut und meinte gar, er hätte schon immer solch ein „echtes“ Handy, also ein Smartphone, haben wollen.
Nun fahre ich im ICE nach Gelsenkirchen, um meinem Schwiegervater Support zu leisten. Er hatte die neue SIM-Karte in das dafür vorgesehene Fach gelegt. Dort befindet sich auch eine Speicherkarte, die ich ihm zuvor schon installiert hatte. Beim Einlegen fielen ihm beide Karten auf den Boden, das Schubfach auch. Was dann genau passierte, werde ich erfahren, sobald ich dort bin. Am Telefon erzählte er etwas vom Verkanten der Karten und dass er sie nicht mehr heraus bekäme und wo das Schubfach abgeblieben ist, das wüsste er nicht.
Seniorenhandy, extra leicht zu bedienen, speziell für die Bedürfnisse von älteren Menschen gemacht? Solange es funktioniert und nur durch Wischgesten bedient werden muss, mag dies zutreffen. Alles andere lässt sich nur klären, wenn eine weitere Person sich darum kümmert. Offensichtlich habe ich mich zum Kümmerer gemacht.
Abbildung: Kārlis Dambrāns from Latvia – Doro phone for seniors, CC BY 2.0